Tauch ab ins Darknet
Ein Einsteigertauchkurs in sechs Etappen. Und warum auch du im Darknet surfen solltest.
Wie gefährlich ist eigentlich so ein „Tauchgang“ ins Darknet? Lauern dort nur zwielichtige Gestalten und Kriminelle? Die Antwort überrascht: Surfen im Darknet kann bisweilen sicherer sein als surfen im „normalen“ Internet, vorausgesetzt, du beherzigst die Tipps weiter unten. Wie das? Tauchen wir ab und begeben uns auf eine kleine Expedition ins Darknet!
1Bin ich schon drin?
Würdest du ohne Sauerstoffflasche ins Meer abtauchen? Natürlich nicht. Als „Sauerstoffflasche“ für das Darknet eignet sich zum Beispiel der Tor-Browser. Den kannst du kostenlos herunterladen. Den Tor-Browser bedienst du genauso wie deinen normalen Browser, in die URL-Leiste gibst du wie gewohnt die gesuchte Webadresse ein, zum Beispiel die von Google.
Über den Tor-Browser lassen sich auch normale Webseiten des sogenannten „Surface Web“, also des allen zugänglichen Internets, besuchen. Mit dem Tor-Browser surft man dabei anonym.
Im gesamten Internet befinden sich etwas 6.000 Knotenpunkte des Tor-Netzwerks. Die Verbindung ab dem letzten Knotenpunkt ist unverschlüsselt.
Um im Darknet zu surfen oder einfach nur anonym zu surfen, eignet sich der kostenlose Tor‑Browser.
2Stille Post
Was dann passiert, ist ziemlich genial. Stell dir das Darknet vor wie stille Post: Anders als mit einem normalen Browser schickt der Tor-Browser deine Anfrage über mehrere „Mittelsmänner“ an den Webserver von Google; über drei Mittelsmänner, um genau zu sein. Das Geniale an dem Prinzip: Durch den Weg über die stille Post weiß deine Suchmaschine nicht, wer gerade nach „Tina Turner Musikvideos“ sucht. deine Suchmaschine kennt nur den dritten Mittelsmann und den Suchbegriff. Trotzdem ist deine Suchmaschine in der Lage, die Suchergebnisse an dich zurückschicken – natürlich ebenfalls über den „stille-Post-Weg“. Dein großer Vorteil: Du surfst im Darknet weitgehend anonym - zumindest, wenn du die Tipps weiter unten befolgst. Deine Suchmaschine weiß weder, wo du dich aufhältst, noch, wer da gerade hinter der Röhre am anderen Ende sitzt und sich für Tina Turner-Videos interessiert. Warum das für dich von unschätzbarem Wert ist, zeigen wir dir übrigens im Beitrag zum gläsernen User. Der Tor-Browser ist übrigens open source, jeder kann also den Quelltext einsehen und die Funktionsweise prüfen. Unter anderem deswegen vertrauen viele Nutzer dem Programm als wirklich anonymen Dienst ohne Hintergedanken.
Webseiten im Darknet erkennt man an der Domainendung .onion. Diese kann man nur mit dem Tor-Browser öffnen. Man bezeichnet sie auch als „hidden services“. Viele davon sind illegale Angebote.
3Im Dienste der Zwiebel
Auf diese Weise surfst du also anonym im normalen Internet. Eine Etappe tiefer geht’s ins Darknet. Wenn eine Domain in der URL-Leiste nicht mit „.com“, sondern mit „.onion“ endet, dann bist du im Darknet gelandet. Solche Webseiten nennt man im Darknet „Hidden Services“. Diese versteckten Webseiten sind über normale Suchmaschinen nicht zu finden. Listen mit Hidden Services und deren Adressen findet man über die normale Internetsuche. Wenn also die Seite auf .onion endet, könnte es brisant werden. Doch gibt es bei weitem nicht nur kriminelle Angebote. Auch die „New York Times“ verfügt über eine Hidden-Service-Version ihrer Webseite. Du erreichst sie im Tor-Browser über die Domain https://www.nytimes3xbfgragh.onion.
4Ist das Darknet illegal?
Klare Antwort: Nein. Wenn du den Tor-Browser installierst und damit anonym im Internet surfst, begehst du selbstverständlich keine Straftat. Gerade Journalisten und Whistleblower in Ländern politischer Verfolgung nutzen das Darknet, um unbemerkt zu recherchieren und zu kommunizieren. Illegal ist nur im Darknet, wer kriminelle Geschäfte macht – wie im normalen Leben auch.
5Wie anonym bin ich wirklich?
Die Geheimdienste BND und NSA arbeiten Berichten zufolge an einer Technik, mit der sie die Anonymität im Darknet aushebeln können. Und auch ohne spezielle Technik gibt es Mittel und Wege, deine IP-Adresse zu entschleiern und dich damit zu identifizieren. Diese sind jedoch derart kompliziert, rechenintensiv und zeitaufwändig, dass sich der Aufwand nicht lohnt, normale Internetuser darüber zu identifizieren. Für das normale Surfen im Internet gilt: Tor bietet großartige Dienste, die Datenkraken der Internetgiganten im Dunkeln tappen zu lassen.
6Wer hat’s erfunden?
Ursprünglich wurde Tor vom Militär der Vereinigten Staaten von Amerika ins Leben gerufen. Geheimdienstagenten konnten somit ihre Aktivitäten im Internet verschleiern. Größter Geldgeber ist nach wie vor die US-Regierung, die durch das Darknet „Repression, Überwachung und Kontrolle im Internet“ verhindern will. Das Prinzip der „stillen Post“ hat schnell viele Begeisterte gefunden, auch der Chaos Computer Club nutzt das Prinzip der stillen Post zum anonymen Surfen.
„Das Darknet ist das Internet, wie man es sich eigentlich wünschen würde. Ein Netz ohne Zensur und Überwachung, mit all seinen Vor- und Nachteilen“ sagt Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs. Apropos „Überwachung“: Wer glaubt, anonym zu surfen, indem er ein Inkognitofenster in Chrome, Safari oder dem Internet Explorer öffnet und lossurft, den müssen wir enttäuschen! Ein Inkognito-Tab schützt deine Privatsphäre nur teilweise. Ein Inkognitofenster dient lediglich dazu, dass andere Benutzer, die auf deinem Computer surfen – deine Familie etwa – nicht sehen können, welche Seiten du besucht hast. Wie du deine Privatsphäre online effektiv schützen kannst, beschreiben wir in diesen acht Tipps
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