Kurz mal nachgedacht

Hereinspaziert!

Eine Welt ohne Privatsphäre – Undenkbar oder ein Segen? Die Post-Privacy Bewegung unter der Lupe

„Ihr habt
sowieso

Mi data es tu data – meine Daten sind deine Daten: So in etwa könnte man die Idee der Post-Privacy-Bewegung zusammen­fassen, nach der mit zunehmender Ver­net­zung bald niemand mehr eine Privat­sphäre hat. Eine gruselige Zukunfts­vis­ion? „Ihr habt sowieso keine Privat­sphäre. Kommt drüber hinweg.“ sagte Scott McNealy, der ehemalige Mit­be­grün­der von Sun Microsystems, zu einer Gruppe Reportern, als er die Techno­logie Jini vorstellte. Das war bereits 1999, wohl­gemerkt. Die Vor­stel­lung erregte schon damals die Gemüter. Und sie ist heute aktueller denn je. Eric Schmidt, lang­jähriger Google-Chef, sagte 2010 im Inter­view mit James Bennet: „Mit deiner Erlaubnis gibst du uns Infor­mationen über dich, über deine Freunde, und wir können die Qualität unserer Suche ver­bes­sern. Du brauchst nicht mal mehr tippen. Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du gewesen bist. Wir können mehr oder weniger sagen, woran du denkst.“ Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg findet „Privacy is old school“. Das Facebook und Google uns wahr­schein­lich heute schon besser kennen, als wir uns selbst, zeigt Ben im Interview zum gläsernen User.

„Ihr habt
sowieso

Die Post-Privacy-Bewegung glaubt, dass es sich nicht verhindern lässt, dass sich mit der Ver­netzung Daten­schutz und Pri­vat­sphäre immer weiter auflösen. Daten­schutz sei überholt, glaubt etwa Christian Heller, Autor des Buches „Prima Leben ohne Privat­sphäre“. Statt am Daten­schutz fest­zuhalten, sollten wir lieber die Ver­schiebung der Grenzen der Privat­sphäre akzeptieren und als Chance begreifen, eine bessere Gesell­schaft zu werden. In einer Welt, in der alle alles mit­einander teilen, hat keiner mehr Angst vor dem Nackt­sein, so der Kern der Post-Privacy-Strömung. Könnte eine Gesell­schaft, in der es keine Privat­sphäre mehr gibt, sogar der traditio­nellen überlegen sein? Werden wir zu besseren Menschen, wenn jeder alles über jeden weiß? Zum Beispiel wann wir über eine rote Ampel gehen - wie es übrigens schon in der chinesi­sch­en Stadt Jinan mittels Gesichts­erken­nungs­software und Kameras prakti­ziert wird - inklusive Benach­richti­gung des Arbeit­gebers mit Foto. Immerhin ster­ben seit der Maß­nahme weniger Men­schen bei Unfällen an Kreuzungen in Jinan.

keine Privatsphäre

Oder wäre eine vollständig transpa­rente Welt ohne Privatsphäre - ganz im Gegenteil - eine enorme psy­chi­sche Belastung für uns alle, unter ständiger Kontrolle und mit der ständigen Sorge, dass wir nur unter perfekter Anpassung über­leben können, ganz wie in der Verfilmung von Dave Eggers „The Circle“? Führt eine Welt, in der jeder über jeden alles weiß, wirklich zu mehr Gleich­behand­lung oder eher - im Gegenteil - zu mehr Aus­grenzung und Dis­kri­mi­nierung? Gleich, wie wir dazu

stehen, eines dürfen wir nicht ver­ges­sen: Auch morgen noch könn­ten unsere Daten gespeichert bleiben. Ungewiss ist, wer in Zukunft welche App und welchen Online­dienst schluckt, hackt oder in den Konkurs schickt. Oder auch, welche Parteien in der Zukunft an die Macht ge­lan­gen. Geschweige denn, ob dann unsere gesam­melten Daten zu unse­rem Wohle weiter­ver­ar­beitet werden. Oder ob die Versuchung, sie zu Macht- oder finan­ziellen Zwecken zu miss­brauchen, zu groß ist. Ob wir dann eine Chance haben werden, unsere Daten wirklich sicher zu löschen ist fraglich. Menschen in der Europäischen Union bietet die neue Daten­schutz-Grund­verordnung immerhin seit dem 25. Mai 2018 ein Recht auf Vergessen­werden sowie ein Recht auf Löschung. Das Gesetz verpflichtet Unter­nehmen dazu, personen­bezogene Daten auf form­lose Anfrage zu löschen oder sogar auto­matisch zu löschen, nach­dem die Speicherung nicht mehr für den ursprüng­lichen Zweck notwendig ist.

Kommt drüber hinweg“ Scott McNealy, ehemaliger Mitbegründer von Sun Microsystems

Medien, aber sicher!

Aufklärung ist alles! Das gilt ganz besonders für den Schutz unserer Privat­sphäre im Inter­net. Mit der Initia­tive „Medien, aber sicher!“ setzen wir uns dafür ein, Menschen einen kompe­tenten und sicheren Um­gang mit digi­talen Medien zu ermög­lichen, gerade in Bezug auf den Schutz der Privat­sphäre. Mehr über das Engagement hier.

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